
Im August kam Lukas zu Besuch, und wir machten zusammen drei Wochen Ferien in Indien.
Wir starteten in Kolkata (früher Calcutta), dem Wirkungsort von Mutter Theresa.
Was mir dort, nach drei Monaten Leben und Arbeiten in Bangladesch, besonders auffiel: Es hatte Frauen in den Strassen, alleine, selbstbewusst, in engen Jeans, auch nachts. Die Strassen waren sauber, und auch die Seitenstrassen waren geteert. Wir fanden einen perfekt gepflegten englischen Rasen rund ums Victoria Memorial herum. Wir wurden kaum angestarrt. Und das indische Essen war ein Traum!
Kolkata
Auf dem New Market in Kolkata
Abbild der Mutter Theresa in einer Metro Station.
Mutter Theresa (1910-1997) half in Kolkata den Ärmsten der Armen.
Leben in Kolkata
Eine Pause im Gewimmel
Mit dem Zug ging es in der ersten Etappe über 500 km und 7 Stunden nordwärts nach Shiliguri.
Auch hier wieder Erstaunen: Der Bahnhof in Kolkata war sehr gut organisiert und wir fanden unsere Plattform in weniger als 5 Minuten. Auch war auf dem Bahnsteig auf einer digitalen Anzeige angeschrieben, welche Wagennummer wo halten würde. Unser Zug war auf die Minute pünktlich! Dank eines Freundes aus Indien, der uns bei der Beschaffung der Zugtickets geholfen hatte (man brauchte dafür eine indische Telefonnummer), durften wir in einem der besten und schnellsten Züge Indiens reisen. Ich mag mich noch gut an meine Indienreise während der Kanti im Jahr 2011 erinnern. Damals hatte unser Zug mehr als drei Stunden Verspätung und die Reise im offenen Wagen war ziemlich holprig und abenteuerlich.
Ganz alles lief dann doch nicht rund. Wir (und auch andere Leute!) landeten aus Versehen in der 1. Klasse, da die Digitalanzeige am Bahnhof eben doch nicht ganz richtig war. Oder der Zug am falschen Ort zum Stillstand kam?
Cool war, besonders aus einer Abfall-Perspektive, dass uns in der 1. Klasse der Morgentee in einer Porzellantasse serviert wurde. Bald schon wurden wir dann aber freundlich aus der 1. Klasse rausgeschmissen und machten es uns wenig später in der 2. Klasse gemütlich. Nachteil: Das (zweite) Frühstück kam mit sehr viel Verpackung, und der Tee wurde in Pappbechern serviert. Vorteil: Es hatte keine 10 cm breite Armlehne zwischen den beiden Sitzen und wir konnten während der langen Fahrt aneinander anlehnen.
Unterwegs gings vorbei an Reisfeldern ...
... soweit das Auge reichte.
Ausgestattet mit einem guten Buch und in bester Gesellschaft fuhren wir bis nach Shiliguri.
Shiliguri
Hier einige Eindrücke aus der Zeit in Shiliguri, die vor allem von Tieren und buddhistischen Tempeln geprägt war:
Empfangskomitee in Shiliguri am Bahnhof New Jalpaiguri
Unterwegs auf einer Safari sahen wir Hirsche …
... einen Schwarzbären …
... Elefanten und Nashörner …
… und den Bengalischen Tiger in seiner vollen Pracht!
Buddhistisches Kloster Ewam in Shiliguri
Gebetstrommeln
Die Katze des Dalai Lama
Zum Abschluss eine Runde Versteckis gespielt mit diesem kleinen Kind, findet ihr es?
«Darjeeling Himalayan Railway» oder auch «Toy Train»
Während der Reisevorbereitungen las ich vom sogenannten «Toy Train», oder auch «Darjeeling Himalayan Railway». Ein Schmalspur-Zug, der von Shiliguri (New Jalpaiguri) nach Darjeeling fährt. Und genau dorthin wollten wir: Nach Darjeeling, zu den Teeplantagen. Mit Dampf- oder Diesellok.
Allerdings fand ich online nur überteuerte 2-stündige Touristen-Rundfahrten von Darjeeling nach Ghum und wieder zurück. Das wollten wir nicht.
Aber da gab es dieses Schild am Bahnhof von Shiliguri, einen Hinweis auf diesen Zug:
Fuhr also doch ein Zug von Shiliguri nach Darjeeling, und das auch noch im 21. Jahrhundert?
Oder war das nur eine Erinnerungstafel?
Unvoreingenommen und ohne grosse Erwartungen gingen wir nach unserer Ankunft in Shiliguri als erstes an den Bahnschalter. Vielleicht gab es diesen Zug ja tatsächlich?
Und siehe da: Es gab einen Zug, der täglich um 10.00 Uhr von Shiliguri nach Darjeeling fuhr. Kostenpunkt: 15 CHF pro Person. Zeitaskpekt: 7h oder länger für 81 km und 1800 Höhenmeter. Alternative: Für 3 CHF in 3 Stunden im «shared Taxi». Aber hey, für uns gab es kaum etwas Schöneres, als mit dem Zug zu reisen. Im Handumdrehen waren die Papiertickets gekauft – die (Vor)freude war riesig!
Die letzten Wartungsarbeiten wurden vorgenommen ...
Abwarten und Tee trinken ...
Und da war er, der «Darjeeling Himalayan Railway». Die Diesel-Variante.
Abfahrt: Punkt 10 Uhr
Los gings, durch kleine Dörfer und vorbei an Teeplantagen.
Zwischenstopp in Tindharia, nach 30 km, 4 Stunden und 740 Metern gewonnener Höhe.
Zwischenstopp in Kurseong, nach 51 km, 5 Stunden und 1350 Metern gewonnener Höhe.
150 Jahre zurückversetzt ...
… mit einigen kolonialen Überresten …
Wir krochen weiter, wanden uns in Spitzkehren und Kehrschleifen immer weiter den Berg hoch und passierten die Strasse gefühlte 100 Mal.
Der Ausblick war fantastisch…
... sogar, als dicker Nebel aufzog.
Aber dann, auweia … ca. 20km vor dem Ziel ging die Lok kaputt. Stossen ging nicht, ziehen auch nicht. Wir mussten aussteigen und warten …
Wie wir schliesslich doch noch nach Darjeeling kamen, was wir dort erlebten, wo wir die 200 Jahre alten lebenden Wurzelbrücken fanden, und was das alles mit dem schlimmsten Muskelkater meines Lebens zu tun hatte (schlimmer als nach dem 100km-Siech!), erfahrt ihm nächsten Beitrag.
Vielen Dank fürs Lesen und Euer Interesse. Solltet Ihr Fragen oder Anregungen haben, schreibt mir bitte oder hinterlasst einen Kommentar!
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Kommentare
Sehr interessante Reise. Möchtest du nicht bei Explora Vorträge halten? Ich glaube sie nehmen auch Umweltthemen auf. Wäre vielleicht eine Einnahmequelle. lg Ulrika
Wiederum spannend - und gut zu lesen, Mirjam. Ihr habt da ganz viel Ursprüngliches, zumindest "aus der Zeit Gefallenes", entdecken und sehen können. Nicht verwunderlich, dass in diesen Weltgegenden (wie vielerorts ) auch noch wenig zum Thema Abfall/Umwelt vorhanden ist. - Die bunten Fotos gefallen mir, die Gerüche dazu stelle ich mir einfach vor ...
Liebe Miriam
Was für ein schöner, interessanter Bericht.
Vor ca. 50 Jahren war ich vermutlich mit demselben Zug nach Darjjeling gefahren. Alte Bilder tauchen in mir wieder auf.
Danke fürs Teilen
Herzlich
Sepp